„Welche Lernpotentiale bietet die Erkundung historischer Orte?“
Die Vorstellungen von Lernenden über historische Orte sind diffus. Viele nehmen an, es handle sich bei historischen Orten um „authentische Orte“, die noch genauso aussehen wie früher, sodass die Vergangenheit nacherlebt werden könne. Da historische Orte jedoch zahlreichen Wandlungsprozessen unterliegen, erweist sich diese Vorstellung als problematisch. Historische Orte repräsentieren historische Ereignisse, Prozesse und Strukturen. Als Lernorte verweisen sie darauf, wie mit Geschichte und Erinnerung umgegangen wird bzw. wurde und können so zu Quellen für unterschiedliche Fragestellungen werden. Diese Erkenntnis gilt es Lernenden zu vermitteln, um die geschichtskulturelle Bedeutung historischer Orte reflektieren zu können.
Lernziele
- Wandel an historischen Orten kriteriengeleitet analysieren
- Wandel historischer Orte darstellen und beurteilen
- Quellencharakter historischer Orte erläutern
Didaktisch-methodische Überlegungen
Der Besuch historischer Lernorte kann heute aufgrund regelmäßiger Klassen- oder Stufenfahrten an vielen Schulen als etabliert betrachtet werden. Sich hierbei jedoch ausschließlich auf die Vermittlung von Inhalten zu beschränken, wie sie auch im regulären Unterricht erfolgen könnte, schöpft die besonderen Lernchancen historischer Orte nicht aus. Denn sie ermöglichen weitaus mehr als eine bloße ereignisgeschichtliche Auseinandersetzung. So lässt fehlende, verfallene oder restaurierte Bausubstanz erahnen, dass es sich um wandlungsfähige Orte handelt.
Die Erkundung stellt in diesem Zusammenhang eine Möglichkeit für Lernende dar, den räumlichen und funktionalen Wandel historischer Orte zu analysieren und zu reflektieren. Darauf aufbauend kann die an historische Orte herangetragene Erwartung von Authentizität problematisiert werden. Darüber hinaus entwickeln die Lernenden ein Verständnis dafür, dass historische Orte selbst als Quelle für den Umgang einer Gesellschaft mit ihrer eigenen Vergangenheit zu betrachten sind und analysiert und gedeutet werden müssen.
Literaturhinweise
- Ulrich Baumgärtner: Historische Orte. In: Geschichte lernen 106 (2005), S. 12–18.
- Axel Drecoll/Thomas Schaarschmidt/Irmgard Zündorf (Hrsg.): Authentizität als Kapital historischer Orte? Die Sehnsucht nach dem unmittelbaren Erleben von Geschichte. Göttingen 2019.
- Ulrich Mayer: Historische Orte als Lernorte. In: ders./Hans-Jürgen Pandel/Gerhard Schneider (Hrsg.): Handbuch Methoden im Geschichtsunterricht. 5. Aufl. Schwalbach/Ts. 2016, S. 389–40.
Verlaufsplan
Im Zuge der Vorbereitung in der Schule nennen die Lernenden Merkmale historischer Orte. Verweise auf Wandel und Authentizität historischer Orte werden von der Lehrkraft systematisiert und zu einer Leitfrage umformuliert („Historische Orte – Orte des Wandels?!“). Der funktionale Wandel des Ortes wird mittels einer Internetrecherche sowie Systematisierung auf einem Zeitstrahl herausgearbeitet.
Im Rahmen der Durchführung dokumentieren die Lernenden die Spuren des räumlichen Wandels am historischen Ort. Im Zuge einer Quellenarbeit setzen sich die Lernenden vertieft mit den Gründen für den Wandel auseinander.
In der Nachbereitung in der Schule präsentieren die Lernenden ihre Ergebnisse. Abschließend erfolgt die Reflexion der in der Vorbereitung entwickelten Hypothesen sowie des Quellencharakters des historischen Ortes.