Zeitzeug:innen (hinter-)fragen

„Welche Rollen haben Zeitzeug:innen an historischen Lernorten?“

Ob in Gesprächen, auf Videoscreens oder an Hörstationen – die Erinnerungen von Zeitzeug:innen sind an Gedenkstätten und historischen Lernorten zur DDR- und deutsch-deutschen Teilungsgeschichte omnipräsent. Zeitzeug:innen machen Geschichte vor Ort lebendig, konkret, anschaulich und interessant. Im Sinne eines kritischen Geschichtsbewusstseins bietet Arbeit mit Erzählungen von Zeitzeug:innen die Gelegenheit, die Rolle und Wirkung der Zeitzeugenerzählungen zu beurteilen und Formen der Inszenierung von Zeitzeug:innen in historischen Ausstellungen zu untersuchen. So eröffnen sich unterschiedliche Fragehorizonte: Wer sind hier eigentlich ‚die Zeitzeug:innen‘? Welche Erfahrungen verbinden sie mit dem historischen Lernort? Wie wirken ihre Erzählungen auf uns? Wie und warum werden Zeitzeug:innen als Quellen in historischen Ausstellungen inszeniert?


Lernziele

  • Schülervorstellungen über Zeitzeug:innen erarbeiten
  • Rollen von Zeitzeug:innen an historischen Lernorten analysieren
  • Lernortspezifische Rollen von Zeitzeug:innen beurteilen und bewerten

Didaktisch-methodische Überlegungen

Zu den Aufgaben von Gedenkstätten und historischen Lernorten gehört es, nicht nur Alltagserinnerungen zu adressieren, sondern vor allem die verdrängten und verschwiegenen Erfahrungen von Verfolgung, Repression, Flucht aber auch von Widerstand und Opposition in der DDR zu erinnern. Daher werden Zeitzeugeninterviews mit Ortsbezug gesammelt, archiviert sowie als Video- oder Audiosequenzen in historischen Ausstellungen integriert. Zeitzeug:innen fungieren aber auch als Guides, stehen für Gespräche zur Verfügung oder kommen als Besucher:innen. Zeitzeug:innen geben verdrängte(n) und vergessene(n) Geschichte(n) ein Gesicht. Sie können abstrakte Strukturen von Herrschaft veranschaulichen, Alltagserfahrungen lebendig werden lassen aber auch politische Überzeugungen und Werthaltungen transportieren. Allerdings sollen Zeitzeugenerinnerungen in historischen Ausstellungen nicht emotionalisieren, sondern Raum für historische Urteilsbildung öffnen. Nicht zuletzt sollte die Arbeit mit Zeitzeug:innen auch kritische Fragen provozieren: Wer darf und will eigentlich ‚Zeitzeug:in‘ sein? Die Auseinandersetzung mit der Rolle von Zeitzeug:innen an historischen Lernorten bietet somit mehrere Lernchancen: Lernende können ihre Vorstellungen von und Erwartungshaltung an Zeitzeuginnen reflektieren, Diktaturerfahrungen auf Basis unterschiedlicher Zeitzeugenerinnerungen in der Ausstellung rekonstruieren sowie Funktionen von Zeitzeug:innen kriteriengeleitet analysieren und im Rahmen der Nachbereitung reflektieren.


Literaturhinweise

  • Christiane Bertram: Mit Zeitzeugen im Geschichtsunterricht historisch denken lernen. In: Jens Hüttmann/
    Anna von Arnim-Rosenthal (Hrsg.): Diktatur und Demokratie im Unterricht. Der Fall DDR. Berlin 2017, S. 167–181.
  • Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur: Gelebte Geschichte. DDR-Zeitzeugen in Schulen. Ein Leitfaden
    für die Bildungsarbeit. Berlin 2023.
  • Christian Ernst (Hrsg.): Geschichte im Dialog? ‚DDR-Zeitzeugen‘ in Geschichtskultur und Bildungspraxis. Schwalbach/Ts. 2014.

Verlaufsplan

Im Zuge der Vorbereitung in der Schule sollen die Lernenden zunächst mittels eines Placemats ihre Erfahrungen, Erwartungen sowie ihr Verständnis von Zeitzeug:innen und deren Aufgaben an historischen Lernorten darlegen. Zudem lernen sie anhand einer Bildbeschreibung Funktionen von Zeitzeug:innen an historischen Lernorten kennen.

Während der Durchführung am historischen Lernort untersuchen die Lernenden mit Hilfe eines Analysebogens ein

selbstgewähltes Beispiel für die Einbindung von Zeitzeug:innen. Die Nachbereitung in der Schule zielt auf die Reflexion und Urteilsbildung zur Funktion von Zeitzeug:innen mittels einer Positionslinie und abschließenden Videokonferenz mit den pädagogischen Mitarbeiter:innen des historischen Lernortes.


Arbeitsblätter für Lernende

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iImpressum Vor- und Nachbereitungsmodelle für Besuche historischer Lernorte
Konzeption und Koordination: Maximilian Mensing (Universität Münster) Autor:innen: Prof. Dr. Saskia Handro, Maximilian Mensing, Felix Ostermann, Dr. Martin Schlutow, Dr. Christian Winklhöfer (Universität Münster) Beratung: Historische Lernorte: Anja Bellmann, Judith Mayer, Dr. Katrin Passens, Kathrin Steinhausen Fachleiter:innen ZfsL Münster: Jörg Bonnmann, Dr. Vera Hanfland, Johannes Jöhnck, Carsten Rothaus, Leander Vierschilling Projektleitung und Beratung: Dr. Ulrike Wunderle, Bund für Bildung e. V. Gestaltung: Kira Freese, Bund für Bildung e. V.
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